Mikromanagement – Produktivitätskiller verstehen und vermeiden
Inhaltsverzeichnis
„Mit Mikromanagement schaden Führungskräfte dem Unternehmen. Und sich selbst.“
Welche Führungskraft würde das nicht unterschreiben?
Da erstaunt es, wie häufig sich Führungskräfte trotzdem in Mikromanagement verzetteln.
Mangelt es etwa an den Delegation Skills?
Eher selten. Ich glaube, dahinter verbirgt sich mehr.
1. Mikromanagement hat mit dem Mindset zu tun, weniger mit Delegationsproblemen
Mit Mindset meine ich unsere bewussten und unbewussten Überzeugungen. Also unsere Werte, Glaubenssätze und unsere persönlichen Denkmuster.
Ich wage mal folgenden Vergleich aus dem Privatleben:
Weniger Mikromanagement betreiben zu wollen, ist, wie weniger Fleisch essen zu wollen.
Auch beim Vorhaben, weniger Fleisch zu essen, scheitern viele Menschen an ihrem Mindset.
Wir sollten die Gründe für unerwünschtes Verhalten verstehen, um es ändern zu können.
Wenn ich mein privates Umfeld scanne, höre ich folgende Gründe für Fleischkonsum:
- Ich liebe den intensiven Geschmack und das herzhafte Zubeißen.
- Ich mag das nachhaltige Sättigungsgefühl des Energiespenders Fleisch.
- Ich will bei meinen liebgewonnenen Koch- und Ernährungsgewohnheiten bleiben.
- Ich verbinde damit Muskelzunahme, Kraft, ja sogar Männlichkeit 😉
Kommen da nicht einige spannende Themen ans Licht? Ich glaube fest, dass wir diese Themen berücksichtigen sollten, wenn wir nicht gleich wieder im nächsten Steak-House landen wollen.
2. Unser Mindset lässt sich nicht ignorieren – erst verstehen, dann verändern
Zurück zum Thema Mikromanagement und wie Führungskräfte sich optimieren.
Ein Beispiel aus dem Business
Neulich hatte ich ein Coaching mit einem Bereichsleiter. Ihn quälte das Thema Work-Life-Balance.
Nach wenigen Minuten konnte ich bereits spüren, dass dies vor allem mit seinem Mindset zu tun hat. Mit seinen tief verankerten Überzeugungen also.
Deshalb fragte ich ihn, warum es für ihn persönlich Sinn macht, sich so viel Arbeit aufzuhalsen. Warum er so detaillierten Einblick in die Aufgaben seiner Abteilungs- und Teamleiter braucht? Er antwortete darauf spontan.
„Damit ich die Kontrolle über die Qualität nicht verliere. Damit ich kreative Beiträge machen und unterstützen kann. Sonst wäre ja auch meine Rolle als Führungskraft überflüssig.“
Aus seiner Antwort sprach große Leidenschaft.
Als ich weiterfragte, fügte er hinzu.
„Es wäre mir unangenehm, meine Versprechen gegenüber langjährigen Kunden zu brechen.“
Ich erwiderte provokativ, dass das doch ständig vorkommt. Er darauf:
„Das wäre aber gegen meinen Anspruch. Ich will, dass wir beste Leistung zur vereinbarten Zeit liefern.“
Beeindruckend, nicht wahr? Mich hat seine Treue zu seinen Werten berührt. Allerdings:
Wenn wir Glaubenssätze und Werte verabsolutieren, können sie kontraproduktiv werden.
Haben Sie auch gelegentlich den Eindruck, dass Sie Dinge geschickter angehen könnten? Mit Self-Leadership oder Selbstführung wird Ihnen dies gelingen.
Lesen Sie hier, was Sie als moderne Führungskraft über Selbstführung wissen sollten.
3. Unserem Mindset auf die Schliche kommen – fünf Antreiber
Die Theorie besagt, dass die folgenden fünf Antreiber das Mindset jedes Menschen prägen. Sie sind jedoch bei jeden Menschen unterschiedlich bedeutungsvoll. Kurz gesagt, alle haben alle fünf Antreiber, jedoch in unterschiedlicher Weise.
Wichtig ist, dass wir diese Antreiber erst einmal verstehen sollten, um sie in einem zweiten Schritt relativieren zu können.
Bitte erschrecken Sie nicht, wenn die folgenden Erläuterungen etwas dramatisch klingen.
Unsere fünf Antreiber:
-
-
- Ich bin OK, wenn ich perfekt bin.
-
Für eine Führungskraft würde dies bedeuten: Ich will nur Top-Ergebnisse abliefern. Da sich viele Mitarbeitende nur mittelmäßig engagieren, muss ich sie kontrollieren. Ich muss ins operative Geschäft eingreifen.
-
-
- Ich bin OK, wenn ich stark bin.
-
Für eine Führungskraft würde dies bedeuten: Ich muss stark auftreten und mich behaupten, andernfalls sind unsere Ziele in Gefahr. Wenn ich als Führungskraft Schwächen zeige, tanzen mir meine Kollegen auf der Nase rum.
-
-
- Ich bin OK, wenn ich gefällig bin.
-
Für eine Führungskraft würde dies bedeuten: Ich muss mit meinen Mitarbeitenden nett sein, damit sie gute Leistung erbringen. Deshalb helfe ich ihnen und mache ich Konzessionen. Weil ich gefällig bin, werde ich als Führungskraft und Mensch anerkannt.
-
-
- Ich bin OK, wenn ich mich anstrenge.
-
Für eine Führungskraft würde dies bedeuten: Ohne Anstrengung läuft nichts. Wenn meine Mitarbeitenden und ich es gelassen nehmen, fallen die Ergebnisse schlecht aus. Wir müssen über uns hinauswachsen.
-
-
- Ich bin OK, wenn ich mich beeile.
-
Für eine Führungskraft würde dies bedeuten: Wir schaffen unsere Ziele nur, wenn meine Mitarbeitenden und ich uns beeilen. Ich will Emsigkeit sehen.
Hoppla, irgendwie trifft das ja alles auf mich zu.
Denken Sie das jetzt vielleicht gerade?
Kein Problem, mir geht es genauso, während ich das hier schreibe.
Liebe Leserinnen und Leser, alle Menschen funktionieren nach diesen Mustern. Und je nach Lebenslage zeigen sich diese Antreiber in unterschiedlichen Abmischungen. Problematisch werden unsere Antreiber nur, wenn wir sie nicht erkennen und sie übertreiben.
3.1. Antreiber anerkennen und relativieren
Wichtig ist, dass wir die Stärken hinter unseren Antreibern erkennen. In ihnen stecken unsere Werte und Kompetenzen. Aus diesem Grund sind sie so wichtig für uns. Deshalb halten wir so sehr an ihnen fest. Und deshalb sind es oft die überdurchschnittlich passionierten Führungskräfte, die sich zu Mikromanagement verleiten lassen.
Das muss jedoch nicht so sein.
Wenn Führungskräfte sich selbst reflektieren und sich selbst zu führen verstehen, dann vermeiden sie diese Falle.
4. Selbstführung und Mikromanagement
Konkretisieren wir dies an unserem Beispiel. Bei unserem Bereichsleiter dominiert der Antreiber Ich muss perfekt sein (viele erfolgreiche Menschen funktionieren so). Zusätzlich wird er gepushed von seinem Antreiber Ich muss gefällig sein.
Der zitierte Bereichsleiter schaffte es im Laufe unserer Zusammenarbeit immer besser, seine Antriebsmuster zu erkennen und zu relativieren. Es würde hier zu weit führen, in die Details zu gehen. Das Ergebnis war jedoch, dass es ihm besser gelang, sich aus dem operativen Geschäft zu ziehen und „Nein“ zu sagen. Damit gewann er Zeit für strategische Aufgaben und konnte sich gleichzeitig entlasten.
Auch entwickelte er ein Leitbild für seine Führungsrolle. Dieses enthält Hinweise, wie er sich verhalten soll, wenn ihn der Impuls zu Mikromanagement wieder mal juckt. Mit Rückfällen ist ja immer zu rechnen…
Ein Teil seines Leitbilds liest sich so:
Als Bereichsleiter bin ich wie ein großzügiger Gastgeber. Ich vertraue meinen Führungskräften und bewirte sie wie ein Gentleman.
Wenn ich den Impuls verspüre, eine Führungskraft zu kontrollieren, dann rufe ich mir sofort Stopp zu und trinke erst mal ein Glas Wasser (zumindest innerlich). Anschließend frage ich mich, hat der Kontrollimpuls mit mir selbst zu tun? Erliege ich etwa gerade meinem Anerkennungs- oder Perfektionsstreben?
Anschließend frage ich die Führungskraft – wie ein großzügiger Gastgeber:
-
-
- Wo brauchst du Hilfe? Und wer könnte dir helfen?
- Wie klar sind dir unsere Verabredungen?
- Wie kann ich deine Rahmenbedingungen verbessern?
-
Für den Bereichsleiter war der Verlauf unseres Coachings etwas überraschend. Beim Thema Work-Life-Balance hatte er anfänglich eher an Tipps und Tricks für Zeitmanagement gedacht. Jetzt ist er aber überzeugt, dass er mit besserer Selbstführung und Kommunikation weiterkommt.
4.1. Kann ich Selbstführung im stillen Kämmerlein erlernen?
Ja, zum Teil. Versuchen Sie, eine Woche lang mit dem Konzept der fünf Antreiber zu arbeiten.
Wenn Sie in Ihrer Entwicklung jedoch substanziell werden wollen, dann brauchen Sie professionelle Unterstützung. Blinde Flecken kann man schließlich nicht allein erkennen. Ohne Spiegel können wir uns nicht von hinten sehen. Wenn Sie sich selbst besser kennenlernen wollen, brauchen Sie eine freundliche Begleitung, die Ihnen respektvoll den Spiegel hält.
Coaching: Self-Leadership – eine Kernkompetenz zukunftsfähiger Führung
Haben Sie gelegentlich den Eindruck, dass Sie die Dinge geschickter angehen könnten? Dann hilft es, zu verstehen, wie Sie selbst funktionieren – wie Sie selbst ticken. Sie als Führungskraft sind zu kostbar, um sich im Mikromanagement zu verheizen.
Lesen Sie hier, wie Sie mit Self-Leadership Coaching bessere Ergebnisse zu erzielen.
Sie können mich gerne auch spontan anrufen, wenn Sie dieses Thema vertiefen wollen. Ich freue mich auf einen unverbindlichen Gedankenaustausch. +49-30-936 28 660
5. Fazit – Mikromanagement ist kein Schicksal
- Mikromanagement erkennen wir daran, dass wir uns zu häufig überlastet fühlen oder Direct Reports unzufrieden werden.
- Der Hang zu Mikromanagement kann ein sehr hartnäckiges persönliches Muster sein. Dahinter verbergen sich nicht bloß ungünstige Gewohnheiten, sondern auch Werte, Glaubenssätze und Anschauungen.
- Mikromanagement hat vor allem mit Mindset zu tun. Wollen wir dieses verändern, kann das Konzept der Fünf Antreiber sehr hilfreich sein. Erst kommt das Verstehen, dann das Verändern.
- Für wirklich besseres Verständnis unserer selbst, brauchen wir Unterstützung von außen. Experten, die uns verstehen und fähig sind, uns den Spiegel vorzuhalten.